Eine ZEN Geschichte

 

 

 

 

 

Der Meister und seine Schüler

 

Ein Weiser fiel seinen Schülern durch sein unglaubliches Arbeitspensum auf und sie fragten ihn, warum er nie gestresst wirkte.

 

Er antwortete: „Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, wenn ich laufe, dann laufe ich".

 

Seine Schüler entgegneten, dass sie dies auch tun würden.

 

Er erwiderte: "Vielleicht liegt der Grund darin: Wenn ihr steht, dann geht ihr schon. Wenn ihr geht, dann lauft ihr schon Wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.

 

Kalligraphie von Musō Soseki

 

 

 

 

 


Achte auf deine Gedanken,
denn sie werden deine Worte.

 

 

Achte auf deine Worte,
denn sie werden deine Handlungen,

 

 

Achte auf deine Handlungen,
denn sie werden deine Gewohnheiten.

 

 

Achte auf deine Gewohnheiten,
denn sie werden deine Charakter.

 

 

Achte auf deinen Charakter,
denn er wird dein Schicksal. 

Charles Reade (1814-1884)

Pflichtbewusstsein ohne Liebe

macht verdrießlich.

 

Verantwortungsbewusstsein ohne Liebe
macht rücksichtslos.
Gerechtigkeit ohne Liehe
macht hart.
Klugheit ohne Liebe
macht heuchlerisch.
Ordnung ohne Liebe
macht kleinlich.
Sachkenntnis ohne Liebe
macht rechthaberisch.
Besitz ohne Liehe
macht geizig.
Glaube ohne Liehe
macht fanatisch.

Ein Leben ohne Liebe ist sinnlos.

Lao Tse



Das Leben - ein Weg

Ich gehe die Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich falle hinein.
Ich bin verloren... Ich bin ohne Hoffnung.
Es ist nicht meine Verantwortung.
Es dauert endlos, wieder herauszukommen.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich tue so, als sähe ich es nicht.
Ich falle wieder hinein.
Ich kann es nicht glauben,
schon wieder am gleichen Ort zu sein.
Aber es ist nicht meine Verantwortung.
Immer noch dauert es sehr lange, herauszukommen.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich sehe es.
Ich falle immer noch hinein.., aus Gewohnheit.
Meine Augen sind offen.
Ich weiß, wo ich bin.
Es ist meine eigene Verantwortung.
Ich komme sofort heraus.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich gehe darum herum.

Ich gehe eine andere Straße.

 

 leicht verändert nach Sogyal Rinpoche (1994)
                                                                       Tibetisches Buch vom Leben und Sterben

 



DESIDERATA


Gehe ruhig und gelassen durch Lärm und Hast und sei des Friedens eingedenk, den die Stille bergen kann. Stehe, soweit ohne Selbstaufgabe möglich, in freundlicher Beziehung zu allen Menschen. Äußere deine Wahrheit ruhig und klar und höre anderen ruhig zu, auch den Geistlosen und Unwissenden; auch sie haben ihre Geschichte. Meide laute und aggressive Menschen, sie sind eine Qual für den Geist. Wenn du dich mit anderen vergleichst, könntest du bitter werden und dir nichtig vorkommen; denn immer wird es jemanden geben, größer oder geringer als du. Freue dich deiner eigenen Leistungen wie auch deiner Pläne. Bleibe weiter an deinem Weg interessiert, wie bescheiden auch immer. Er ist ein echter Besitz im wechselnden Glück der Zeiten. In deinen geschäftlichen Angelegenheiten lasse. Vorsicht walten;. denn die Welt ist voller Betrug. Aber nichts soll dich blind machen gegen gleichermaßen vorhandene Rechtschaffenheit. Viele Menschen ringen um hohe Ideale; und überall ist das Leben voll Heldentum.

 

Sei du selbst, vor allen Dingen heuchle keine Zuneigung, noch sei zynisch, was die Liebe betrifft; denn: auch im Augenblick aller Dürre und Enttäuschung. ist sie doch immerwährend wie Gras. Ertrage freundlich gelassen den Ratschluss der. Jahre, gib die Dinge der Jugend mit Grazie auf. Stärke die Kraft des Geistes, damit sie dich in plötzlich hereinbrechendem Unglück schütze. Aber erschöpfe dich nicht mit Phantasien. Viele Ängste kommen aus Ermüdung und Einsamkeit. Neben einer heilsamen Selbstdisziplin sei freundlich mit dir selbst. Du bist Kind Gottes genauso wie die Bäume und Sterne; du hast ein Recht, hier zu sein. Und, ob es dir bewusst ist oder nicht, es besteht kein Zweifel, das Universum entfaltet sich wie vorgesehen. Darum lebe in Frieden mit Gott, was für eine Vorstellung du auch immer von ihm hast. Was auch immer deine Arbeit und dein Sehnen ist, erhalte dir den Frieden mit deiner Seele in der lärmenden Wirrnis des Lebens. Mit all der Schande, der Plackerei und den zerbrochenen Träumen ist es dennoch eine schöne Welt.

 

Strebe behutsam danach, glücklich zu sein.

                                                                                                                                                                                            MAX EHRMANN 1927 

Selige Sehnsucht

Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebendige will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.

In der Liebesnächte Kühlung,
Die dich zeugte, wo du zeugtest,
Überfällt dich fremde Fühlung,
Wenn die stille Kerze leuchtet.

Nicht mehr bleibest du umfangen
In der Finsternis Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.

Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig,
Bist du Schmetterling verbrannt.
Und solang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.

 


                                                                                                       Johann Wolfgang von Goethe


Schöpfe du, trage du, halte

Tausend Gewässer des Lächelns in deiner Hand.
Lächeln, selige Feuchte ist ausgespannt
All übers Antlitz.
Lächeln ist keine Falte -
Lächeln ist Wesen vom Licht.
Durch die Räume bricht Licht,
Doch ist es noch nicht,
Nicht die Sonne ist Licht,
Erst im Menschengesicht
Wird das Licht als Lächeln geboren,
Aus den tönenden unsterblichen Toren,
Aus den Toren der Augen walte
Frühling zum ersten Mal.
Himmelgesicht - Lächelns nie glühender Brand,
Im kühlen Brand des Lächelns spüle die alte Hand.
Schöpfe du, trage du, halte.

Lausch du, horche du, höre:
In der Nacht ist der Einklang des Atems los,
Der Atem, die Eintracht groß.
Atem schwebt über Feindschaft finsterer Chöre,
Atem ist Wesen vom höchsten Hauch;
Nicht der Wind, der sich staucht
In Waid, Wald und Strauch;
Nicht das Mähn, vor dem die Blätter sich drehn;
Gottes Hauch wird im Atem des Menschen geboren
aus den Lippen, den schwer verhangen-dunkel unsterblichen Toren,
Fährt Gottes Hauch, die Welt zu bekehren;
Auf dem Wildmeer des Atems hebt an
Die Segel zu brüsten im Pauche der unendlichen Worte
Nächtlich beladener Kahn.
Horche du, höre du, lausche.

Sinke hin, knie hin, weine:
Sing der Geliebten erdenlos schwindenden Schritt,
Schwinde dich hin, schwinde ins Schreiten mit;
Schreiten entführt alles ins Reine,
Alles ins All-gemeine.
Schreiten ist mehr als Lauf und Gang
Der sternenden Sphäre,
Hinauf und entlang -
Mehr als des Raumes tanzender Überschwang.
Im Schreiten der Menschen wird
Die Bahn der Freiheit geboren,
Mit dem Schreiten der Menschen tritt
Gottes Anmut und Wandel
Aus allen Herzen und Toren.

Lächeln, Atem und Schritt
Sind mehr als des Lichtes, des Windes, der Sterne Bahn:
Die Welt fängt die Menschen an
Im Lächeln, im Atem, im Schritt
Der Geliebten ertrinke.
Weine hin, knie hin, sing.

 

 

 

 

 

 

 

 

Franz Werfel


Als ich mich selbst zu lieben begann ...

"Als ich mich selbst zu lieben begann,

habe ich verstanden, dass ich immer und bei jeder Gelegenheit,

zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin 

und dass alles, was geschieht, richtig ist –

von da an konnte ich ruhig sein.

Heute weiß ich: Das nennt man VERTRAUEN.

 

Als ich mich selbst zu lieben begann, 

konnte ich erkennen, dass emotionaler Schmerz und Leid

nur Warnungen für mich sind, gegen meine eigene Wahrheit zu leben.

Heute weiß ich: Das nennt man AUTHENTISCH SEIN.

 

Als ich mich selbst zu lieben begann,

habe ich aufgehört, mich nach einem anderen Leben zu sehnen

und konnte sehen, dass alles um mich herum eine Aufforderung zum Wachsen war.

Heute weiß ich, das nennt man „REIFE“.

 

Als ich mich selbst zu lieben begann, 

habe ich aufgehört, mich meiner freien Zeit zu berauben,

und ich habe aufgehört, weiter grandiose Projekte für die Zukunft zu entwerfen.

Heute mache ich nur das, was mir Spaß und Freude macht,

was ich liebe und was mein Herz zum Lachen bringt,

auf meine eigene Art und Weise und in meinem Tempo.

Heute weiß ich, das nennt man EHRLICHKEIT.

 

Als ich mich selbst zu lieben begann,

habe ich mich von allem befreit, was nicht gesund für mich war,

von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen

und von Allem, das mich immer wieder hinunterzog, weg von mir selbst.

Anfangs nannte ich das „Gesunden Egoismus“,

aber heute weiß ich, das ist „SELBSTLIEBE“.

 

Als ich mich selbst zu lieben begann,

habe ich aufgehört, immer recht haben zu wollen,

so habe ich mich weniger geirrt.

Heute habe ich erkannt: das nennt man DEMUT.

 

Als ich mich selbst zu lieben begann,

habe ich mich geweigert, weiter in der Vergangenheit zu leben

und mich um meine Zukunft zu sorgen.

Jetzt lebe ich nur noch in diesem Augenblick, wo ALLES stattfindet,

so lebe ich heute jeden Tag und nenne es „BEWUSSTHEIT“.

 

Als ich mich zu lieben begann,

da erkannte ich, dass mich mein Denken

armselig und krank machen kann.

Als ich jedoch meine Herzenskräfte anforderte,

bekam der Verstand einen wichtigen Partner.

Diese Verbindung nenne ich heute „HERZENSWEISHEIT“.

 

Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen, 

Konflikten und Problemen mit uns selbst und anderen fürchten,

denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander

und es entstehen neue Welten. 

Heute weiß ich:  DAS IST DAS LEBEN ! "

 

Charlie Chaplin

 

an seinem 70. Geburtstag am 16. April 1959 


Das Märchen von der traurigen Traurigkeit

 

http://www.inge-wuthe.de/traurigetraurigkeit.htm

 


Der Adler

 

 

"Ein Mann ging in einen Wald, um nach einem Vogel zu suchen, den er mit nach Hause nehmen könnte. Er fing einen jungen Adler, brachte ihn heim und steckte ihn in den Hühnerhof zu den Hennen, Enten und Truthühnern. Und er gab ihm Hühnerfutter zu fressen, obwohl er ein Adler war, der König der Vögel.

Nach fünf Jahren erhielt der Mann den Besuch eines naturkundlichen Mannes. Und als sie miteinander durch den Garten gingen, sagte der: "Der Vogel dort ist kein Huhn, er ist ein Adler!" "Ja", sagte der Mann, "das stimmt, aber ich habe ihn zu einem Huhn erzogen. Er ist jetzt kein Adler mehr, sondern ein Huhn, auch wenn seine Flügel drei Meter breit sind." "Nein", sagte der andere, "er ist noch immer ein Adler, denn er hat das Herz eines Adlers. Und das wird ihn hoch hinauffliegen lassen in die Lüfte". "Nein, nein", sagte der Mann, "er ist jetzt ein richtiges Huhn und wird niemals wie ein Adler fliegen".

Darauf beschlossen sie, eine Probe zu machen. Der naturkundliche Mann nahm den Adler, hob ihn in die Höhe und sagte beschwörend: "Der du ein Adler bist, der du dem Himmel gehörst und nicht dieser Erde: breite deine Schwingen aus und fliege!" – Der Adler saß auf der hochgereckten Faust und blickte um sich. Hinter sich sah er die Hühner nach ihren Körnern picken, und er sprang zu ihnen hinunter. Der Mann sagte: "Ich habe dir gesagt, er ist ein Huhn". "Nein", sagte der andere, "er ist ein Adler, ich versuche es morgen noch einmal".

Am anderen Tag stieg er mit dem Adler auf das Dach des Hauses, hob ihn empor und sagte: "Adler, der du ein Adler bist, breite deine Schwingen aus und fliege!" Aber als der Adler wieder die scharrenden Hühner im Hofe erblickte, sprang er abermals zu ihnen hinunter und scharrte mit ihnen. Da sagte der Mann wieder: "Ich habe es dir gesagt, er ist ein Huhn". – "Nein, sagte der andere, „er ist ein Adler. Lass es uns noch ein einziges Mal versuchen; morgen werde ich ihn fliegen lassen".

Am nächsten Morgen erhob er sich früh, nahm den Adler und brachte ihn hinaus aus der Stadt, weit weg von den Häusern an den Fluss eines hohen Berges, jede Zinne erstrahlte in der Ferne eines wundervollen Morgens. Er hob den Adler hoch und sagte zu ihm: "Adler, du bist ein Adler. Du gehörst dem Himmel und nicht dieser Erde. Breite deine Schwingen aus und fliege!" Der Adler blickte umher, zitterte, als erfüllte ihn neues Leben – aber er flog nicht. Da ließ ihn der naturkundliche Mann direkt in die Sonne schauen. Und plötzlich breitete er seine gewaltigen Flügel aus, erhob sich mit den Schrei eines Adlers, flog höher und höher und kehrte nie wieder zurück."

Hermann Gilhaus


Franz Werfel

 

VERDI

Roman der Oper

 

Vorbericht

Vor zwölf Jahren schon ist der Plan dieses Buches entworfen worden. Immer wieder wurde die Niederschrift vertagt. Künst­lerische Bedenken wirkten lähmend. Bedenken, die der histori­schen Erzählung im allgemeinen gelten. Sie spielt ja auf zwei Ebenen, auf der dichterischen und auf der geschichtlichen, in einer erfabelten Welt und in der Welt erforschbarer Wirklich­keit. Dadurch schon kann ein Mißklang entstehn,

Dieser Mißklang verstärkt sich, je näher uns die Zeit liegt, in der die Erzählung verläuft. Für das Gestern gar, das so viele noch miterlebt haben, herrscht ein tiefes Feingefühl, das dem Wahrheitstakt des Autors große Verantwortung auf­erlegt.

Am schwersten aber ist dieser Mißklang zu überwinden, wenn es sich um einen sogenannten Künstlerroman handelt. Die Darstellung in sich gekehrter Menschen, berühmter Gei­ster, schöpferischer Vorgänge verführt leicht zu Fälschung, Übertreibung, Phrase. Viel ist hierin gesündigt worden.

Niemals aber können rein ästhetische Gefahren schrecken. Es gilt nur durch die Tat zu beweisen, daß sie keine sind . Darum auch liegt der Grund des langen Zagens viel tiefer. Er liegt im Helden der Erzählung selbst.     .

 

Er, der vor der Öffentlichkeit Schauder empfand, der die Zeitungen die Geißel unserer Epoche nannte, der die Publika­tion nachgelassener Briefe als Unrecht brandmarkte, der (nach Rossinis Ausspruch) sich in Paris alle Chancen verdarb, weil er es verabscheute, Visiten zu machen, der Mann, der unnahbar auf seinem Hof lebte - er sollte sich nicht wehren, als Hauptperson in einem Roman zu figurieren?     

Die Liebe, die Begeisterung, die ungetrübte Leidenschaft für seine Musik, ein Nicht-Loskommen von ihr, die Vertiefung in sein Werk, sein Leben, seine Menschlichkeit, all das hat ihn schließlich überwunden. Nicht ohne Bedingung freilich wollte er sich ergeben. Wie in alten Büchern die Nachsicht des Lesers, mußte während dieser Arbeit die Nachsicht des strengen Hel­den angerufen werden, der nicht die geringste Verletzung sei­ner Wahrheit dulden wollte. Allerdings, das genaueste biogra­phische Material eines Lebens, alle Tatsachen und Wider­sprüche, Deutungen und Analysen sind diese Wahrheit noch nicht.

Wir müssen sie aus ihnen gewinnen, ja, sie erst erschaffen die reinere, eigentliche, mythische Wahrheit, die Sage von einem Menschen.

Der Maestro selbst bekennt sich zu ihr, wenn er in einem Brief das Geheimnis der Kunst in folgende herrliche Formel faßt:

 

"Die Wahrheit nachbilden mag gut sein, aber die Wahr­heit erfinden ist besser, viel besser ... "

 

 

Breitenstein, im Sommer 1923                                                                  F. W.